Testament und Pflichtteilsansprüche; auf was Erblasser und Erben achten sollten
ein Zeitungsbeitrag von Rechtsanwalt Sven Hülzer
Testament und Pflichtteilsansprüche;
auf was Erblasser und Erben achten sollten
von
Rechtsanwalt Sven Hülzer
Fachanwalt für Steuerrecht
Fachanwalt für Erbrecht
Die Bereitschaft, sich mit seinem Ableben auseinanderzusetzen, fällt vielen Menschen schwer. Doch wer bei der Verteilung seines Vermögens ein Wörtchen mitreden will, sollte rechtzeitig ein Testament errichten. In der Praxis stellt das Testament die am häufigsten gewählte Form zur Verwirklichung des eigenen letzten Willens dar. Mit einem Testament, das den formalen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches genügt, kann (fast) jeder Wille des Erblassers wirksam umgesetzt werden. Doch die Vielfalt an Gestaltungsmöglichkeiten birgt auch eine Menge an Problemen, wenn die im Bürgerlichen Gesetzbuch enthaltenen Begrifflichkeiten unzutreffend bzw. nicht im richtigen Zusammenhang benutzt werden.
Bei der Abfassung des Testaments sollte der Erblasser äußerste Sorgfalt walten lassen, wenn juristische Fachbegriffe verwendet werden. Der tatsächliche Gehalt dieser Begrifflichkeiten und Definitionen weicht nämlich oft erheblich von dem Verständnis ab, das Nichtjuristen hierüber haben. Wegen dieser Abweichung ist es - das zeigt die Praxis - immer wieder notwendig, dass die Erben und gegebenenfalls sogar Richter und Anwälte die letztwilligen Anordnungen des Erblassers auslegen müssen. Um das zu vermeiden, sollte ein Testament in jedem Fall dahingehend juristisch überprüft werden, ob es das Gewollte richtig ausdrückt. Optimaler Weise holt sich ein Erblasser daher schon vor Abfassung seines Testaments anwaltlichen Rat ein.
Ein Testament kann nicht nur privatschriftlich, sondern auch vor einem Notar errichtet werden. Nicht jede Person ist in der Lage, ein wirksames Testament zu errichten. Die Frage, ob der Erblasser bei Abfassung seines Testaments testierfähig, also im vollen Besitz seiner geistigen Kräfte war, ist immer wieder Streitpunkt unter den Erben bzw. den enterbten Pflichtteilsberechtigten. Hier hilft der Notar, der sich über die Testierfähigkeit des Erblassers Klarheit verschaffen muss und darüber hinaus sicherstellt, dass das Testament den Formvorschriften entspricht.
Wichtig: Ein Erblasser sollte sich außerdem über die nach seinem Ableben geltende gesetzliche Erbfolge informieren. Erst danach kann er überhaupt entscheiden, ob es bei dieser verbleiben soll oder ob er ein davon abweichendes Testament errichten will. Ein Testament ist - ungeachtet aller übrigen Gründe - auf jeden Fall dann notwendig, wenn der Erblasser ihm ungenehme gesetzliche Erben von der Erbschaft ausschließen möchte. Allerdings ist zu beachten, dass diese sog. Testierfreiheit ihre Grenzen im Pflichtteilsrecht findet. Dieses gibt den Abkömmlingen, dem Ehepartner und den Eltern des Erblassers grundsätzlich einen Anspruch auf die Hälfte ihres gesetzlichen Erbteils in Geld. Nur unter sehr engen und selten gegebenen Voraussetzungen kann dieses Recht wirksam entzogen werden. Um solche unliebsamen Pflichtteilsansprüche gleichwohl auszuschließen oder aber wenigstens zu minimieren, sollte in jedem Fall anwaltliche Hilfe in Anspruch genommen werden.
Schließlich empfiehlt es sich, seinen letzten Willen auch im Hinblick auf steuerliche Konsequenzen überprüfen zu lassen, um unnötige Steuerzahlungen zu vermeiden. Wichtig ist aber auch hier, die gewünschten Anordnungen in steuerlicher Hinsicht „nur" zu optimieren und nicht aufgrund steuerlicher Überlegungen versehentlich Anordnungen zu treffen, die eigentlich gar nicht gewollt sind. Die Berücksichtigung von steuerlichen Vorgaben ist z. B. angeraten, wenn es um die Geltendmachung und insbesondere um die Erfüllung von Pflichtteilsansprüchen geht. Dies gilt umso mehr, wenn sich im Nachlaß unternehmerisches Vermögen befindet.